Alle haben ihn prophezeit, dennoch haben wir gehofft, dass er uns erspart bleibt, und jetzt ist er da: der zweite Lockdown. Erschöpfung und Ernüchterung machen sich breit, oft auch Sorgen, wie es weitergehen soll. Viele Menschen beschreiben sich derzeit als depressiv, niedergeschlagen und antriebslos.

Wie im vorigen Artikel beschrieben ist das eine normale Reaktion auf eine lange andauernde Belastung. Hinzu kommt ja auch der alljährliche Winterblues durch die kurzen Tage. Wie können wir uns trotzdem bei Laune halten und nicht gänzlich in der Niedergeschlagenheit versinken? Hier ein paar Anregungen:

1. Selbstmitgefühl

Wir müssen nicht immer guter Laune sein. Es gibt gerade sehr viel, was ganz und gar nicht lustig ist. Da dürfen wir uns auch mal ein paar Tage unter der Bettdecke verkriechen und uns selbst bemitleiden. Oder den gesamten Weltschmerz auf uns nehmen und eine Zeitlang weinen. Oder schreien. Oder in der Stille versinken.

Und wir dürfen uns auch mal richtig ausschlafen – die vielen Veränderungen und die ständige Flexibilität sind sehr anstrengend. Das bilden wir uns nicht ein. Für unser Gehirn ist alles Neue anstrengend. Für Veränderungen muss der Körper dem Gehirn viel mehr Energie bereit stellen als wenn es sich auf gewohnte Routinen verlassen kann.

2. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken

Wenn Sie wieder bereit sind, Ihre Höhle zu verlassen, versuchen sie die Probleme dort zu lassen und richten Sie Ihr Augenmerk auf Ihre Stärken. Trotz aller Sorgen und Widrigkeiten gibt es wahrscheinlich Dinge in Ihrem Leben, die derzeit gut oder gut genug laufen. Welche Bereiche in Ihrem Leben sind das? Was gibt Ihnen derzeit halt? Welche Bezugspersonen erleben Sie als unterstützend? Auf welche Ihrer Fähigkeiten können Sie sich derzeit verlassen? Es geht um die vermeintlich banalen Dinge des Alltags, nicht um Höchstleistungen. Die Aufrechterhaltung des Alltags in so einer herausfordernden Zeit ist ein besondere Leistung!

3. Lassen Sie die Selbstoptimierung sein

Krisen führen oft dazu, unseren Lebensstil und unsere Werte zu hinterfragen und zu verändern. So werden manchmal aus Krisen Chancen. Aber das braucht Zeit. Auch wenn uns vielleicht bewusst ist, was wir persönlich oder als Gesellschaft ändern wollen/ sollen, ist jetzt vielleicht nicht der beste Zeitpunkt dafür. Wie oben beschrieben sind wir mit den ständigen Veränderungen und Anpassungsleistungen schon genug gefordert. Also warum sollen wir gerade in so einer herausfordernden Zeit noch mehr leisten, unsere Hobbys perfektionieren oder ein „perfekter“ Mensch werden?

Und seien wir ehrlich, wir wussten schon „vor Corona“, was wir eigentlich ändern sollten, aber es ist uns trotzdem schwer gefallen. Zur Zeit werden wir medial überflutet mit Dingen, die man tun kann, um die Welt besser zu machen oder man unbedingt unterlassen sollte, um der heimischen Wirtschaft nicht noch mehr zu schaden. Das hat alles seine Berechtigung. Aber mitunter fühlt man sich davon überfordert, es entsteht das Gefühl, dass man gar nichts richtig machen kann und das Gefühl der Ohnmacht und Niedergeschlagenheit wird noch größer.

Nicht dass ich missverstanden werde, wenn Sie gerade jetzt Zeit für Reflexionen und Veränderungen haben, ist das großartig und dann sollten Sie diese Chance nützen. Aber wenn Sie derzeit so gar keinen Kopf dafür haben, ist das auch in Ordnung. Sie leisten schon genug.

4. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Wirkungskreis

Machen Sie kleine Schritte und überlegen Sie, was Sie sich und Ihrem nächsten Umfeld Gutes tun können, um gut über die schwierige Zeit zu kommen. Sich selbst oder anderen Menschen zu helfen steigert unseren Selbstwert.

Ein hilfreiches Ritual ist es, sich in der Früh beim Zähneputzen zu überlegen, was Sie sich heute selbst und/oder einer anderen Person Guten tun wollen. Eine einzige Sache. Zum Beispiel einen kurzen Spaziergang um den Häuserblock, einen Gute-Laune-Film am Abend, eine nette Nachricht an eine Freundin oder ein leckeres Essen vom Wirten nebenan. So kommen Sie wieder in Ihre Handlungsfähigkeit und lenken Ihre Aufmerksamkeit auf positive Dinge.

5. Üben Sie sich in Dankbarkeit.

Das mag in dieser Situation zynisch klingen, ist aber völlig ernst gemeint. Dankbarkeit führt dazu, dass wir uns mehr den positiven Dingen des Lebens widmen, die schönen Momente des Lebens mehr genießen und wir mit Belastungen leichter umgehen können.

Eine einfache Dankbarkeitsübung ist es, sich am Abend drei Dinge zu überlegen – und die ersten Male am besten aufzuschreiben -, für die man heute dankbar ist. Ich bin heute zum Beispiel dankbar dafür, dass ich die warme Mittagssonne genießen konnte, dass mir mein Partner einen Krapfen zum Kaffee mitgebracht hat und dass der U-Bahn-Fahrer bei der Endstation „noch einen schönen Tag“ durchgesagt hat. Während ich an diese Dinge denke, bemerke ich ein Lächeln in meinem Gesicht. Besonders gefreut habe ich mich diese Woche über die Erzählung einer Seminarteilnehmerin, dass sie diese Übung seit mehreren Wochen vor dem Einschlafen macht und seither viel besser schläft. Probieren Sie es eine Woche aus – hilft´s nix, schad´s nix 🙂

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…rund um die Herausforderungen der Pandemie finden Sie auf meinem Blog.

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