Angst ist eine natürliche Reaktion auf eine Bedrohung. Sie führt zu Vermeidung oder Flucht und soll uns vor der Bedrohung schützen. Insofern ist die Angst, sich mit dem Virus zu infizieren, normal. Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen und sagen, die Angst schützt uns und unsere Mitmenschen tatsächlich vor einer weiteren Ausbreitung, denn durch sie nehmen wir die derzeit gesetzten Maßnahmen ernst und halten uns daran.

Angst kann aber auch Überhand nehmen und zu Grübeln, Herzklopfen, Schwitzen, und Schlafstörungen führen – insbesondere auch in Verbindung mit den weiteren Sorgen, die viele Menschen derzeit haben, wie Sorgen um ihre Angehörigen, um ihren Arbeitsplatz oder um die weitere gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Wenn Sie übermäßige Ängste haben, können folgende Schritte helfen:

Strategien gegen die Angst

1. Machen Sie einen Faktencheck

Gehören Sie zur Risikogruppe, haben Sie Vorerkrankungen oder hatten Sie Kontakt zu einer infizierten Person? Wenn nicht, ist eine Ansteckung unwahrscheinlich bzw. verläuft eine Erkrankung wahrscheinlich harmlos – siehe Informationen des Bundesministeriums für Soziales und Gesundheit.

2. Gewinnen Sie Ihre Kontrolle zurück

Angst wird umso größer, desto weniger wir das Gefühl haben, die Situation kontrollieren zu können. Machen Sie sich bewusst, was Sie konkret tun (können), um Ihre Ansteckung gering zu halten. Händewaschen, Abstand halten, Zuhause bleiben, etc.

3. Reduzieren Sie Ihren Nachrichtenkonsum!

Informieren Sie sich nur über offizielle und seriöse Quellen (z.B. ORF, Bundesministerium für Soziales und Gesundheit) und vermeiden Sie eine ständige Reizüberflutung durch Social Media – Kanäle.

Stellen Sie zum Beispiel Pop-Up-Benachrichtigungen und Töne ab, um nicht ständig an einen neuen Nachrichteneingang erinnert zu werden. Halten Sie sich von Gruppen fern, in denen ungefiltert Nachrichten und Katastrophenszenarien verbreitet werden. Sie können Ihren Nachrichtenkonsum auch zeitlich limitieren, ich selbst höre zwei Mal am Tag Nachrichten, den Rest des Tages höre ich Musik und bewusst nicht Radio.

4. Setzen Sie einen Gedankenstopp

Machen Sie sich bewusst, welche Sorgen realistisch sind und welche eher Katastrophendenken sind. Wenn Sie sich beim Grübeln oder bei einem belastenden Gedanken ertappen, stellen Sie sich ein großes Stoppschild vor und sagen Sie laut oder in Gedanken STOP.

Wenden Sie sich dann rasch und bewusst einem anderen Gedanken (z.B. einer angenehmen Szene aus dem letzten Urlaub wie hier auf dem Bild, ein Strand, ein Berg) oder einer anderen Aktivität zu. Je öfter Sie den Gedankenstopp üben, desto leichter fällt er Ihnen.

Kurze Lesepause: atmen Sie drei Mal tief ein und so laaaange wie möglich aus. Spüren Sie bei jedem Ausatmen, wie sich Ruhe und Entspannung in Ihrem Körper ausbreitet. Spüren Sie zum Abschluss den Boden unter Ihren Füßen.

5. Bleiben Sie mit anderen in Kontakt

Da persönliche Treffen derzeit vermieden werden sollen, bietet sich Telefonieren und Videotelefonieren (Skype, Facetime usw.) an. Die Stimme und ein Lächeln von vertrauten Menschen wirken beruhigend, Augenkontakt wirkt stressreduzierend. Nur schriftlich zu kommunizieren birgt die Gefahr von Falschinterpretationen des Gelesenen und dadurch wieder vermehrtes Grübeln.

Achten Sie bei Ihren Gesprächen aber auch darauf, nicht nur über das Corona-Virus und dessen Auswirkungen zu sprechen, sondern sich auch über scheinbar banale Alltagsbelange auszutauschen, z.B. was Sie heute tun, was Sie heute kochen oder welche Serie Sie gerade schauen.

Grenzen Sie sich ab, wenn Ihnen jemand von seinen Sorgen oder unseriösen Nachrichten erzählt und sagen Sie, dass Sie darüber derzeit nicht reden wollen.

6. Bleiben Sie in Bewegung

Dieser Tipp mag angesichts von Quarantäne-Maßnahmen eigenartig wirken. Es ist jedoch wichtig, aus der Angst-Starre zu treten. Schaffen Sie sich eine vorübergehend neue Tagesstruktur, z.B. ein Morgenritual, eine morgendliche Planung Ihrer heutigen Aktivitäten, etc. Rituale geben Sicherheit. (Mehr dazu lesen Sie in meinem Beitrag: „Herausforderung Heimquarantäne“)

Stellen Sie sich ein kleines Trainingsprogramm zusammen, das Sie im Wohnzimmer ausüben können, wie Yoga, Sit ups, Liegestütz und so weiter. Dazu finden Sie zahlreiche Anleitungen im Internet oder in Apps. Ziel ist hierbei keine sportliche Höchstleistung, sondern Körper und Kopf zu beschäftigen.

Weitere Möglichkeiten, sich vom Grübeln abzulenken sind Denkspiele wie Sudoku, Rätsel und ähnliches. Davon finden Sie im Internet auch genug Material.

7. Professionelle Hilfe

Wenn Ihre Angst weiter bestehen bleibt, wenden Sie sich an professionelle Hilfe. Wenn Sie sich in der Öffentlichkeit derzeit nicht wohl fühlen, biete ich psychologische Beratung per Telefon und Videotelefonie an: Kontakt

Für Notfälle und dringende Anliegen außerhalb der Bürozeiten stehen Ihnen folgende Einrichtungen zur Verfügung:

  • Telefonseelsorge: 142
  • Ö3 Kummernummer: 116 123
  • Sozialpsychiatrischer Notdienst PSD: +43 1 31330
  • Frauennotruf: +43 1 71719
  • Hotline zum Corona-Virus: 0800 555 621

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